Der Jahresbericht 2015 – geschrieben in Dari – erreichte uns am 20.12.2015.

Jahresbericht aus Kabul 2015 von Jawid, 20.12.2015 (Übersetzung, 02.01.2016)

Herzliche Grüße an Euch alle, an diejenigen die uns direkt oder indirekt helfen.

Hier ist der Bericht über unsere Aktivitäten 2015 in Afghanistan:

  1.  Schneiderei-Projekt in Nejrab
    • Ende 2014 wurde das Projekt genehmigt, und wir begannen sofort mit der Durchführung. Wir nahmen kleinere bauliche Veränderungen vor, kauften die Maschinen, das Zubehör, ließen Stühle, Tische, Regale etc. für die Unterrichtsräume, bzw. Küche und Sanitärräume anfertigen.
    • Sehr viele Frauen und Mädchen aus der Umgebung meldeten sich, um im NAZO-Ausbildungszentrum NEJRAB Schneiderei zu lernen. Die ersten 25 Schülerinnen wurden nach einer Befragung aufgenommen, die anderen mussten wir auf die späteren Ausbildungen vertrösten.
    • Wir konnten pünktlich am 01.01.2015 mit der Ausbildungsarbeit und den Weiterbildungskursen – Gesundheits- und Rechtsberatung sowie Alphabetisierung beginnen.
    • Die offizielle Eröffnung fand am 03. April 2015 statt; an ihr nahmen die Angehörigen der Schülerinnen, die Auszubildenden, die Angestellten und offizielle Vertreter der Behörden teil.
    • Das Projekt startete gut und wird bis heute solide durchgeführt.
  2. Werkstätten
    • Die Werkstätten wurden besichtigt und einige Änderungen diskutiert und durchgeführt.
    • Modernere elektrische Maschinen wurden bewilligt und gekauft.
    • Neue Aufbau-Lehrer/Innen wurden verpflichtet. Sie kommen 1 x pro Woche und werden von NAZO-Deutschland bezahlt. Ebenso zahlt NAZO-Deutschland die Transport-, Strom-, Wartungs-, Wasser- und Müllentsorgungskosten.
    • Die Ausbildungsbeihilfe wird seit Mai 2015 den einzelnen Werkstätten monatlich bar ausgezahlt. Die Werkstattfrauen verpflichteten sich, das Geld selbständig zu verwalten, das heißt ihre Nahrungsmittel selbst einzukaufen und zuzubereiten.
    • Materialgeld: Frau Jonigkeit und Herr Ebrahimy hatten NAZO-Produkte in Deutschland verkauft – diese Einnahmen wurden den Werkstattfrauen bar übergeben, mit der Aufforderung, davon neues Material anzuschaffen.
    • Alle Werkstattfrauen sind sehr bemüht, ihre Produkte in Kabul und Deutschland zu verkaufen.
    • Unser Ziel war es: Die Werkstätten sollten völlig selbständig arbeiten. Das Ziel haben wir erreicht. Momentan arbeiten vier Werkstätten in Eigen-Regie. Sie haben genügend Aufträge und gut zu tun. Darüber hinaus nehmen sie sogar eigene Schülerinnen auf, die sie selbständig ausbilden. Es sind sozusagen ihre Lehrlinge.
  3. Werkstatt Schneiderei in Kamari
    • Wir besprachen mit Frau J. und Herrn E. den Wunsch der Frauen, in eine anderes Gebäude auf der Hauptstraße umzuziehen. Begründung: Dort gibt es Strom und die modernen Maschinen können besser genutzt werden. Das wurde bewilligt, und der Umzug vorgenommen. Wir, die Männer von A.L.S., haben die Wände gestrichen, einige Umbauten vorgenommen, die Maschinen und das Mobilar aufgestellt und das große Schild -Frauenschneiderei Negina Saloon angebracht.
    • NAZO Deutschland bezahlt noch die Miete und leistet einen Beitrag zur Verpflegung (70 Cent pro Tag/pro Frau).
    • Seit April 2015 arbeitet Wasima dort mit ihren 15 Werkstattfrauen und 5 Schülerinnen. Sie sind sehr zufrieden. Es kommen viele Kundinnen aus der Umgebung, geben ihre Bestellungen auf und/oder kaufen die schon fertig genähten Kleider, Decken, etc.
  4. Werkstatt Schmuckherstellung in Achmad Schah Baba Mina
    • In dieser Werkstatt arbeiten zurzeit 11 Frauen vollkommen selbständig unter der Leitung von Rahima.
    • Sie erhielten von NAZO-Deutschland e.V. ein Startkapital von 156.000 AFN (ca. 2.300,00 €) für neues Material.
    • Darüber hinaus erhalten sie – ebenso wie die Schneiderinnen in Kamari und die Lederfrauen in Achmad Schah Baba Mina – das Geld für die Verpflegung (70 Cent pro Tag) bar ausgezahlt.
    • Die Frauen der Schmuckwerkstatt haben ein eigenes Konto eröffnet, auf das sie ihre Einnahmen direkt einzahlen, bzw. überweisen.
  5. Werkstatt Lederprodukte in Achmad Schah Baba Mina
    • Diese Werkstatt ist genauso aufgebaut wie die Schmuckwerkstatt.
    • Weil alle Frauen dieser Werkstatt Analphabetinnen sind, die noch immer die Alphabetisierungskurse besuchen, haben sie entschieden, dass Rahima solange ihre Leiterin sein soll, bis eine von ihnen über genügend Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen verfügt. ‚Ä®
    • Hier arbeiten ebenfalls 11 Frauen in Eigen-Regie. Sie haben zurzeit 6 Lehrlinge. ‚Ä®
    • Auch sie erhielten ein Startkapital von NAZO-Deutschland e.V. 120.000 AFN ( ca. 1.700,00 €).
  6. Schneiderwerkstatt in Kart-e-nau
    • Diese Werstatt besteht schon seit Jahren und wird von Palwascha und Schamila geleitet. Hier arbeiten 7 Schneiderinnen in Eigen-Regie und bilden zurzeit 2 x 16 Schülerinnen aus. Sie haben einen guten Kundenstamm und können ihre Produkte – ebenso wie die Frauen in Kamari – gut verkaufen. ‚Ä®
    • Alle Werkstattfrauen, die Schülerinnen, sowie Frauen aus der Umgebung nehmen an den Weiterbildungskursen teil. Vor allem die Alphabetisierungskurse sind sehr beliebt. Es ist sehr bedauerlich, dass die UNESCO schon vor einigen Jahren das Programm „Alphabetisierung“ eingestellt hat und wir jetzt immer eine Lehrerin finden und bezahlen müssen.
  7. Kindergarten
    • In Kart-e-nau: In der Regel kommen 20 Kinder, die in unseren Räumen betreut werden. Mittags bekommen die Kinder eine warme Mahlzeit, etwa 10¬∞¬∞ Uhr vormittags gibt es etwas Milch und Kekse für jedes Kind. Die Kinder, deren Eltern nicht völlig arm sind, bezahlen 300 AFS ( ca. 4 €) pro Monat für die Betreuung. ‚Ä®
    • Wir versuchen, im kommenden Jahr (2016) wieder eine zweite Gruppe in Achmad Schah Baba Mina aufzumachen. Momentan ist der Weg dorthin für viele Eltern zu weit und zu gefährlich. ‚Ä®NAZO Deutschland bezahlt den Lohn der Kindergärtnerin und kommt für die Kosten der Verpflegung auf.
  8. Kuhprojekt
    • Dieses Projekt wurde im Oktober genehmigt und von uns sofort in Angriff genommen. Dieses Mal kauften wir gleich Kühe und deren Kälbchen. Wir suchten, gemeinsam mit den Dorfvorstehern die hilfsbedürftigsten Frauen aus der ganzen Region aus. Wir entschlossen uns, den jungen Witwen mit mehreren Kindern zu helfen und ihnen eine Kuh, bzw. ein Kälbchen zukommen zu lassen. So können die Halbwaisenkinder einen Teil der Milch trinken und die Mütter können die Milchprodukte (z.B. Jogurt) verkaufen und so ihren Lebensunterhalt selbständig bestreiten.
    • Auch die Frauen, die später die Kälber bekommen sollen, wurden schon von uns ausgesucht. Die Kälbchen bleiben noch 6 Monate bei ihren Müttern. In dieser Zeit bekommen die Mutterkühe eine spezielle Nahrung, die wir auch schon kaufen konnten.
    • Nach 6 Monaten werden die Kälber ihren neuen Besitzerinnen übergeben.
    • Verantwortlich für das Kuhprojekt ist Madina, die auch schon das Projekt „Schneiderei in Nejrab“ leitet. Nach der Verteilung der Kühe luden wir die Dorfältesten zu einem Mittagessen ein. Dieses wurde von den Frauen vor Ort zubereitet und von uns bezahlt.
  9. Allgemeines
    • Parallel zu all diesen Arbeiten, mussten wir uns noch um die Steuern kümmern. Leider wussten wir nicht, dass wir schon seit Jahren Steuern hätten bezahlen müssen. Um dieses Problem zu lösen, beriefen wir mehrere Vereins-Sitzungen ein und mussten feststellen, das unsere bisherigen Geschäftsführerin, Marina, diese Probleme nicht erkannt hatte. Marina trat von allen Ämtern zurück – und ließ uns leider vollkommen im Regen stehen. Sie fuhr nach Pakistan und meldete sich bis heute nicht mehr.
    • Wir besprachen diese Probleme mit unserem Mitglied Mina, die Staatsanwältin ist. Sie erklärte sich bereit, den Vereinsvorsitz zu übernehmen und sich dafür einzusetzen, dass das Problem gelöst wird und wir in Zukunft fristgerecht unsere Steuern bezahlen werden.
    • Ich selbst wurde beauftragt kommissarisch die Geschäftsführung zu übernehmen, solange bis wir eine neue Geschäftsführerin gefunden haben.
    • Um allein die buchhalterischen Arbeiten zu schaffen, mussten wir – mit Erlaubnis von NAZO-Deutschland – einen erfahrenen Buchhalter, Zameer, einstellen.
    • Auch Schaima, die vor allem für die Patenschaften und die Kindergärten zuständig war, hat uns verlassen. Allerdings hat sie ordnungsgemäß um ihre Entlassung gebeten – und wird auch in Zukunft noch hin und wieder für NAZO-Afghanistan arbeiten, wenn „Not an der Frau“ ist.
    • Wir suchen jetzt nach zwei geeigneten Frauen, die Schaima und Marina ersetzen können.

Ich hoffe, ihr könnt mit meinem Bericht etwas anfangen. Da Marina und Schaima uns verlassen haben, blieb mir nichts anderes übrig, als den Jahresbericht selbst zu schreiben. ‚Ä®Wir alle bedanken uns bei euch und grüßen euch herzlich,

Jawid, ‚Ä®(Stellvertreter der Geschäftsführung)

Nachtrag Schneiderei in Nejrab: Die erste Ausbildungsrunde ging nach 6 Monaten zu Ende (Ende Juni 2015). Die Schülerinnen bekamen ihre Zeugnisse und gingen mit ihrer Nähmaschine, einigem Nähzubehör und einem Heft „Grundlagen der Schneiderei“ glücklich nach Hause.

Die 6 besten Frauen blieben im Ausbildungszentrum und richteten sich eine Werkstatt ein. Wir kauften für sie elektrische Maschinen. Ein Geschäftsmann aus Nejrab kommt einmal pro Woche und berät die jungen Schneiderinnen in Sachen Buchführung und anderen ökonomischen Angelegenheiten.

Ende Dezember wird dann auch die 2. Runde der Ausbildung beendet sein. Bisher lief alles gut und reibungslos – sieht man mal von der schwierigen Sicherheitslage in Nejrab ab – aber das ist ein anderes Kapitel.
(Dazu hat Madina am 11.12. 2015 einen Bericht geschrieben.)

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