Leider scheint es in Afghanistan derzeit nur eine Richtung zu geben – weiter bergab. Die Taliban haben sich seit der Machtübernahme fast
ausschließlich den Frauen gewidmet, so scheint es, und Mittel und Wege ersonnen, deren Rechte immer weiter zu beschneiden.
Trotz der Beteuerungen, man habe alles unter Kontrolle, das Land sei sicher, zeichnen wieder regelmäßige Selbstmordanschläge ein anderes Bild.
Es gibt bisher kaum Bemühungen, sich dem eigentlich wichtigen Thema zu widmen – dem Wiederaufbau des Landes, der Herstellung von Infrastruktur, einer funktionierenden Wirtschaft, einer Versorgung der Menschen im Land.
Wir sind mit der Verteilung der Lebensmittelpakete an einen Punkt gelangt, an dem wir umdenken müssen. Die großen Organisationen verteilen Lebensmittel im großen Stil.
Millionen an Lebensmittelpaketen müssen verteilt werden, es gibt wenige Mitarbeiter vor Ort, keine Möglichkeit, diese Verteilung in geordnete Bahnen zu lenken.
Natürlich gibt es keine Listen mit bedürftigen Familien, wer seinen Ausweis mitbringt, bekommt Lebensmittel. So hat sich mittlerweile eine Vorgehensweise etabliert, bei der eine immer größer werdende Gruppe an Menschen (vor allem jüngeren, stärkeren Männern) die Lebensmittelverteilstellen abklappern, ihren Ausweis vorlegen, die Lebensmittel einkassieren, teilweise irgendwo sammeln und dann weiterverkaufen.
Diese Menschen haben auch unsere Verteilaktion im letzten Monat besucht und Lebensmittel eingefordert.
Sie hätten Anspruch darauf, da sie ja ihren Ausweis gezeigt hätten. Dass wir Listen haben, interessiert sie nicht.
Unsere Verteilung hatte an dem Tag bereits am Vormittag im verschlossenen Innenhof an unsere ausgewählten Familien stattgefunden. So dass diese Störenfriede leer ausgingen.
Um keine Tumulte oder gar Aufstände vor unserem Zentrum in Kabul zu forcieren, haben wir uns entschieden, eine zentrale Verteilung vorerst nur in Nejrab, in dörflicher und geordneter Umgebung zu machen. In Kabul werden wir gezielt die bedürftigen Familien mit dem Auto anfahren und die Lebensmittelpakete vorbeibringen.
Hauptsächlich werden unsere ehemaligen Schülerinnen und deren Familien Unterstützung erhalten.
Alternativ werden wir ein neues Projekt starten, bei dem die Familien statt Lebensmittel Hühner erhalten. Langfristig ist dies sicher eine nachhaltigere Lösung als konstante Lebensmittellieferungen, an die sich die Menschen schon gewöhnt haben. So können die Familien die Eier der Hühner entweder selbst verwenden oder verkaufen, um von dem Geld dann wiederum andere Lebensmittel zu kaufen.
Wir werden in den nächsten 2-3 Monaten diese Vorgehensweise an ausgewählten Familien testen und wenn sich das Konzept bewährt, das Ganze auf einen größeren Wirkungskreis ausweiten.